06.01.2013

Ich nannte ihn Krawatte - Milena Michiko Flasar

Nicht nur der Titel ist außergewöhnlich, die Geschichte ist es auch.

Es ist die Geschichte von 2 Männern, die sich jeden Werktag auf einen Bank in einem Park gegenüber sitzen. Taguchi Hiro ist ein junger Mann, der lange Zeit sein Zimmer nicht verlassen hatte. Als er Ohara Tetsu in diesem Park beobachtet spürt er eine gewisse Neugier und fantasiert über die Gründe, warum ein Mann um die 50 jeden Tag im Anzug und Krawatte da sitzt, von morgens bis abends. Er ahnt noch nicht, dass dieser Mann sich bald zu ihm setzen wird und da sie dann jeden Tag den selben Bank teilen werden. Was verbindet diese beide Männer, die plötzlich anfangen, sich so viel über ihr Leben zu erzählen? Sachen, die sie auch niemandem anderen erzählt haben, u.a. den Grund warum beide auf diesem Parkbank sitzen. Beide sind Außenseiter, haben ein Teil ihrer Vergangenheit nicht verarbeitet und schaffen (noch nicht) sich der Realität gegenüber zu stellen. Mit ihren Gesprächen helfen sie sich gegenseitig, sich zu akzeptieren wie sie sind und sich für einen neuen Anfang vorzubereiten.

Die Geschichte kann erstmal vielleicht ein bisschen "unrealistisch" wirken aber ist es nicht so, dass man sich manchmal Fremden gegenüber besser öffnen kann als Freunden gegenüber? Weil man dann keine Angst hat, sie zu enttäuschen und vielleicht auch einen objektiveren Blick braucht. Weil man ihnen Sachen erzählen kann, die man sonst nie erzählen würde. Weil man dann keine Gefahr spürt, "beurteilt" oder nicht mehr geliebt zu werden.

Ich lese selten japanische Autoren aber jedes Mal geniesse ich ihre besondere zarte und poetische Schreibweise. Diese Geschichte hat mich sehr berührt, ich merke aber dass ich die letzte Zeit sehr viele bewegende Bücher gelesen habe. Ob es ein Zufall war oder vielleicht brauchte ich einfach diese Art von Büchern?

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